Die Geschichte der maritimen Technik ist eng verbunden mit der
Schifffahrts-, Marine-, Handels- und auch Schiffbaugeschichte.
Hinter jeder maritimen technischen Entwicklung steht ein Mensch und seine Idee, die in der richtigen Sparte, ob nun Schiffbau, Handel oder Marine einen passenden Investor benötigte, um umgesetzt zu werden. Manchmal fehlten aber diese Geldgeber und oftmals mussten Erfinder und Ingenieure auf sich gestellt ihre Ideen aus eigenen Mitteln bestreiten, bis sie zumindest im Konzept- oder sogar Erprobungszustand Beachtung bei Verantwortlichen zuvor genannter Sparten fanden.
Kriegsmarinen
Natürlich hielten Erfindungen wie Dampfantrieb und Verbrennungsmotor im Rahmen der Industrialisierung nicht nur in Landfahrzeuge, sondern auch in den militärischen Schiffbau Einzug. Oftmals war es nämlich nur den Kriegsmarinen mit ihrer finanziellen Ausstattung möglich, aufgrund von militärischen Bedürfnissen innovative maritime Technik zu entwickeln, zu erproben und dann weiterzuentwickeln. Manchmal ging der Technikfortschritt im Rahmen eines Wettrüstens allerdings so rasant voran, dass ein noch nicht fertiggestelltes Schiff bereits auf der Helling nicht mehr den aktuellsten Stand der Dinge darstellte und von anderen, besseren Entwicklungen innerhalb kürzester Zeit überholt wurde. Der Rüstungssektor trieb hier mannigfaltige Blüten, die teilweise nur durch Flotten- und Rüstungsabkommen oder eigene Haushaltslimits auszubremsen waren, aber stets in der Überflügelung gegnerischer oder konkurrierender Flotten und Technik münden sollten und dabei stets im Blick hatten, möglichst immer einen Schritt weiter zu sein, als ein Kontrahent. Nur so konnte man sich mindestens einen Vorteil, wenn nicht sogar einen Status, zum Beispiel den einer Seemacht, erhalten oder diesen sogar anstreben, sofern man ihn noch nicht besaß. Aber selbst Flotten- und Rüstungsabkommen stellten keinen entwicklungstechnischen Hinderungsgrund dar, so dass nicht selten eine konspirative Weiterentwicklung von maritimer Technik unter Beibehaltung der zuvor genannten Ziele stattfand, obwohl nach außen hin die strikte Einhaltung der Abkommen versichert wurde.
Schiffsunglücke
Manchmal waren es aber auch Schiffsunglücke, die einschneidende technische Veränderungen nach sich zogen und sogar das Ende bestimmter Schiffstypen, Herstellungsnormen und Herstellungsformen einläuteten:
Nach dem Untergang des frachttragenden Schulschiffs "Pamir" im Jahr 1957 war in Deutschland endgültig der Wettkampf zwischen der Dampffrachtschifffahrt und der konkurrierenden Segelfrachtschifffahrt entschieden worden, so dass letzere schnell von der Bildfläche verschwand und deren Schiffe später nur noch als Museumsschiffe bestaunt werden konnten. Das Schwesterschiff "Passat", das 1957 ebenfalls als frachttragendes Schulschiff unterwegs war, geriet wenig später ebenfalls in einen Sturm, den es nur knapp überstand. Anschließend wurde das Schiff ausgemustert.
Aus schnell sinkenden Schiffen ohne Schotten entwickelten sich aufgrund vielfältiger Havarien mit teils schlimmen Folgen Schiffe mit Schotten, bei denen dann eine Chance bestand, ein leck geschlagenes, sinkendes Schiff doch noch eine Weile über Wasser zu halten und so insbesondere Menschleben im Rahmen einer Evakuierung zu retten.
Aus einwandigen Tankschiffen, die bei Havarien oftmals katastrophale Umweltverschmutzungen nach sich zogen, entwickelten sich doppelwandige Tankschiffe, die erheblich schwerer beschädigt werden müssten, um die gleichen schweren Umweltfolgen nach sich zu ziehen.
Aus sturmanfälligen, für die Seenotrettung eingesetzten Schiffen und Booten, bei denen Besatzungsmitglieder oder gar Schiffe der Seenotretter verloren gingen, entwickelten sich über Versuchsschiffe moderne, sich selbstaufrichtende Seenotrettungskreuzer der DGzRS, um bei annähernd jeder Wetterlage auslaufen und möglichst unbeschadet wieder im Hafen einlaufen zu können.
Aus dem nicht bei jeder Wetterlage gut beherrschbaren Schaufelradantrieb eines Raddampfers wurde ein gut beherrschbarer, relativ sicherer Antrieb durch Schiffschrauben. Heutzutage kommen weiterentwickelte Systeme wie Querstrahlruder oder Podantriebe zum Einsatz, die auch eine verbesserte Manövrierfähigkeit des Schiffs nach sich ziehen. Alles ein Zugewinn an maritimer Sicherheit.
Diese Liste lässt sich beliebig fortführen.
Wirtschaftlichkeit
Auch spielten wirtschaftliche Faktoren eine Rolle, die sich auf die maritime Technikgeschichte auswirkten: Möglichst viele Waren sollten mit dem Schiff befördert, möglichst pünktlich geliefert und schnell gelöscht werden können. Die Schiffe sollten möglichst wenig Personal binden, so schnell wie nötig, dabei aber so sparsam wie möglich ausgelegt sein, um wirtschaftlich profitabel zu sein. So wurden aus langsamen und windabhängigen Frachtsegelschiffen, die zu mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Zeiten teilweise monatelang unterwegs waren, um einen bestimmten Hafen anzulaufen, später im Rahmen der Industrialisierung schnelle Segelschiffe mit Hilfsmotorisierung, dann Mischformen und später Schiffe, die ausschließlich mit Dampf- oder später anderweitigen Maschinenantrieb liefen. Diese konnten den Weg zum gleichen Hafen viel direkter und somit erheblich schneller und windunabhängig erreichen konnten. Es konnten bei vorhandener Motorisierung oftmals Schlepperkosten gespart und für eine pünktlich terminierte Ladung auch höhere Lieferpreise ausgehandelt werden, da die Gefahr, dass die Ladung auf dem Weg zum Zielhafen ggf. verdirbt, minimiert werden konnte.
Im Umkehrschluss bedeutete dies alles mehr Umsatz und mehr Gewinn für die Reedereien - also eine Investition, die sich schnell amortisierte.
Aus Stückgutfrachtern, die Mitte des 20. Jahrhunderts oft wochenlange Hafenliegezeiten hatten, um dort entladen zu werden, wurden im Laufe der Zeit riesige Containerschiffe über 400 m Länge, die über 18.000 TEU laden und auch innerhalb kürzester Zeit diese Container entladen können.
Schiffbau
Natürlich strahlt auch die Schiffbaugeschichte in die Geschichte der maritimen Technik hinein, hängt diese doch erheblich von ihr ab: Bereits 1872 gab es in Torquay (England) erste Versuche mit Schiffsmodellen, in Deutschland um 1900 die ersten Schiffbauversuchsanstalten, um Antriebsleistungen für Schiffe durch Modellversuche zu ermitteln. Aufgrund ihres Erfolges wurden diese später auch in anderen Ländern errichtet. Der Weg, mit Institutionen zu kooperieren, um innovative maritime Technik zu entwickeln, wurde konsequent bis in die Jetztzeit verfolgt und mündet derzeit im Ausbau von maritimen Forschungs-, Entwicklungs- und Innovationzentren. Ziel war und ist es dabei, dass der nationalen Schiffbau seinen ausländischen Konkurrenten auf Augenhöhe begegnen kann und vielleicht sogar den entscheidenden Schritt voraus ist. Dies sichert die Zukunft von Werften und ihrer Zulieferbetriebe, die vom Bau von modernen Schiffen leben müssen.
Stephan Karraß
* Foto des Brandtauchers: Stephan Karraß mit freundlicher Genehmigung des Deutschen Schiffahrtmuseums in Bremerhaven
** Das Foto der Postkarte stammt aus den Wikipedia-Commons (File:SMS Bluecher.jpg) und ist am 06.11.17 als gemeinfrei (pblic domain) eingestuft worden, da der Bildautor länger als 70 Jahre verstorben ist.
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