Deutsche Gesellschaft für Schiffahrts- und Marinegeschichte e.V.
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Geschichte der Passagierschifffahrt

Das 1932 fertiggestellte Passagier- und Frachtschiff "Strathaird" der britischen Reederei Peninsular and Oriental Steam Navigation Company (P&O) | Aufnahme aus den 1950er Jahren *

Die Passagierschifffahrt hatte bis Mitte des 20. Jahrhunderts eine Hochzeit, als große Passagierschiffe überwiegend als Verkehrsmittel genutzt wurden und im Liniendienst zum Beispiel auf der Transatlantik-Route zwischen Europa und Nordamerika oder auf der Pazifikroute zwischen Fernost und den USA Passagiere nach Übersee beförderten.

Vorangegangen waren große Auswanderungswellen des 19. und 20. Jahrhunderts, die entsprechende, fast tägliche Bedarfe für Schiffsverkehr zwischen den Kontinenten aufkommen ließen, auf die dann Reedereien reagierten und entsprechend ausgelastete Kapazitäten schufen.

Erste bekannte Formen von Kreuzfahrten gehen auf das Jahr 1844 zurück, als die Penninsular & Oriental Steam Navigation Company (P&O Cruises)  erste Luxuskreuzfahrten nach Gibraltar, Malta und Athen anbot.

 

Auch ist der deutsche Reeder Albert Ballin, Generaldirektor der Hamburger HAPAG in diesem Zusammenhang zu nennen, hatte er 1891 doch die Idee, die in den Wintermonaten schwach frequentierten und Verluste einfahrenden Passagierschiffe im Liniendienst für Vergnügungsreisen einzusetzen. Von Cuxhaven ging es über Southampton , Gibraltar, Genua und Kairo nach Jerusalem, Damaskus, Constantinopel (heute: Istanbul), Athen, Malta, Neapel und Lissabon nach Hamburg.  

 

Als das erste speziell als Kreuzfahrtschiff gebaute Schiff der Welt gilt die Prinzessin Victoria Luise der Hamburger Reederei HAPAG, die im Dezember 1900 bei der Werft Blohm & Voss in Hamburg fertig gestellt wurde.   

Die RMS Queen Mary 1945 als Truppentransporter in hellgrauer Kriegsfarbe vor der Skyline von New York**

Während der Kriegsjahre des 2. Weltkrieges wurden Passagierschiffe oftmals zweckentfremdet und als Truppentransporter, Lazarettschiffe oder Wohnschiffe umfunktioniert, was im Falle des deutschen Passagierschiffs „Wilhelm Gustloff“ in einer der größten Tragödien der Schifffahrtgeschichte mündete, als dieses am 30. Januar 1945 von einem sowjetischen U-Boot torpediert und versenkt wurde. Mehr als 9000 Menschen kamen damals ums Leben, der Vorfall gilt bis heute als eine der verlustreichsten Schiffskatastrophen überhaupt.

   

Mitte des 20. Jahrhunderts wurde die Entwicklung von Flugzeugen vorangetrieben, die in der Lage waren, transkontinental und später interkontinental Passagiere innerhalb kürzester Zeit ans Ziel zu befördern, was den Bedarf an Passagierschiffen später stark sinken ließ.

 

Die Passagierschifffahrtbranche musste sich umorientieren und reagierte auf die stark zunehmende fliegende Konkurrenz und auf den Umstand, dass neue Bedarfe durch den aufkommenden Tourismus entstanden, indem sie ihre Schiffe aus dem Liniendienst nahmen und oftmals für Vergnügungsreisen, also Kreuzfahrten, umfunktionierten und touristisch interessante Ziele angefahren wurden.

Die Queen Elizabeth 2 im Geiranger Fjord in Norwegen | Aufnahme von 2005 ***

Einzelne Passagierschiffe haben aber auch mit geschichtlich relevanten Ereignissen, wie z.B. Katastrophen, Entführungen und Schiffsverlusten aufzuwarten.

Bug der gesunkenen RMS Titanic in 3803 m Tiefe. Das Wrack löst sich allmählich auf und droht zu zerfallen. ****

Neben der Wilhelm Gustloff dürfte die bekannteste Schiffskatastrophe eines Passagierschiffes der Untergang der britischen „RMS Titanic“ sein, die 1912 auf Ihrer Jungfernfahrt mit einem Eisberg kollidierte, sank und über 1500 Menschleben forderte.

 

Der Untergang hatte ein starkes Medienecho zur Folge und strahlt bis in die Jetztzeit, ist er doch sogar Thema von zahlreichen Kinofilmproduktionen und bis heute von solchem Interesse, dass sogar regelrechter Wracktourismus an der Untergangsstelle mit entsprechenden U-Booten angeboten wird, auf denen man sich einen Platz mieten und damit dann auf 3803 m Tiefe bis zum Wrack tauchen kann.

 

Wanderausstellungen mit gehobenen Artefakten sowie auch Einrichtungen, in denen man simulierte Tauchgänge zum Wrack unternehmen kann, lassen den Bekanntheitsgrad des Schiffes und Wracks kaum weniger werden und scheinen auch noch für nachfolgende Generationen, obwohl der Untergang schon über 100 Jahre her ist, auch zukünftig von Interesse zu sein.

Die sinkende Andrea Doria, nachdem sie mit dem Passagierschiff Stockholm 1956 kollidierte. *****

Aber auch Schiffsnamen wie Achille Lauro, Bremen, Andrea Doria oder Costa Concordia stehen für relevante Schiffskatastrophen oder Vorfälle auf Passagierschiffen, die ein erhebliches überregionales Medienecho nach sich zogen und somit in einen weltweiten Fokus geraten sind.

 

Auch ihre Geschichte ist interessant und lohnt einen Blick in die Vergangenheit.

 

Dabei helfen Wrackfunde und ggf. deren Untersuchungen dabei, bezüglich bislang spekulativer Unglücksursachen alternative Erkenntnisse oder sogar Gewissheit zu erlangen, so dass Historiker und maritime Archäologen hier etwas Licht in bislang dunkle oder noch nicht vollständig beleuchtete Kapitel der Geschichte der Passagierschifffahrt bringen konnten.  

 

 

 

 

 

 

Die Color Magic auf der Kieler Förde, 2017 größtes Passagierschiff der Welt mit  integriertem Autodeck | Foto: Stephan Karraß

Die Passagierschifffahrt, insbesondere hier der Kreuzfahrtsektor, boomt mittlerweile aufgrund wachsender touristischer Märkte bis ins 21. Jahrhundert hinein und ist aus Katalogen von Reisebüros seit Jahrzehnten nicht mehr wegzudenken.

 

Einige Reedereien übertrumpfen sich dabei schiffbaulich analog der Containerschifffahrt mit Superlativen und bauen mittlerweile über 360 m lange Schiffe für über 6700 Passagiere.

 

Aber auch Kreuzfahrten auf größeren Segelschiffen, sogar auf Eisbrechern oder auf Kreuzfahrtschiffen mit entsprechenden Eisklassen werden mittlerweile für spezielle touristisch interessante Ziele in Polargebieten angeboten.

 

Selbst Fahrten einiger Fährlinien erhalten mittlerweile Kreuzfahrtcharakter, wie die Schiffe der norwegischen Color Line Reederei auf der Route Kiel - Oslo zeigen und die als "Kreuzfahrtschiffe mit Autodeck" vermarktet werden.

 

Es bleibt abzuwarten, wohin sich die Passagierschifffahrt entwickelt und welche ihr zuzuordnenden geschichtlich relevanten Ereignisse zukünftig von uns Beachtung erfordern. 

 

Stephan Karraß 

*Foto "File:C1950 PO Liner Strathaird.jpg" stammt aus den Wikipedia Commons und ist dort am 18.01.18 als gemeinfrei lizensiert.

** Foto "File:RMS Queen Mary 20Jun1945 NewYork.jpeg" stammt von den Wikipedia Commons und ist dort am 18.01.18 als gemeinfrei lizensiert worden, da die Aufnahme von einem Regierungsmitarbeiter in Ausübung seiner Tätigkeit gefertigt wurde,

*** Foto "File:QE2 Geiranger Fjord Norwegen.jpg" stammt aus den Wikipedia Commons und ist dort am 18.01.18 als gemeinfrei lizensiert worden.

****Foto "File:Titanic wreck bow.jpg" stammt aus den Wikipedia Commons und ist dort am 18.01.18 als gemeinfrei lizensiert worden, da es von einem Mitarbeiter der US National Oceanic and Atmospheric Administration in Ausübung seines Dienstes gefertigt wurde..

*****Foto "File:Andrea Doria USCG 1.jpg" stammt aus den Wikipedia Commons und ist dort am 18.01.18 als gemeinfrei lizensiert worden, da es 1956 von einem Mitarbeiter der United States Coast Guard in Ausübung seines Dienstes gemacht wurde.

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