Deutsche Gesellschaft für Schiffahrts- und Marinegeschichte e.V.
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Aktuelles aus der Schifffahrtsgeschichte

Volker Schellhammer, Direktor der BSU / Foto: Stephan Karraß

Am 09. Februar 2017 lud die DGSM Regionalgruppe Hamburg zum Vortrag "Aufgaben der Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung (BSU)" in die Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg. Der von Herrn Volker Schellhammer (Direktor der BSU) gehaltene Vortrag schien auch bei einigen Gastzuhörern großes Interesse geweckt zu haben, die zahlreich teilnahmen und den Referenten zusammen mit unseren eigenen Mitgliedern mit etlichen Fragestellungen konfrontierten. Herr Schellhammer begann seinen Vortrag aber zunächst mit einer Betrachtung der Entstehungsgeschichte seiner in Hamburg ansässigen Behörde, die übrigens völlig unabhängig agiert. Nach seinen Ausführungen habe die Havarie des Frachtschiffes "Pallas" im Jahr 1998 vor der Küste Schleswig-Holsteins (siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Pallas_(Schiff)) zu einem Umdenken in Deutschland geführt und mündete neben anderen Faktoren sowohl in der Gründung des Havarie Kommandos als auch in der Gründung der BSU im Jahr 2002. Herr Schellhammer gab anschließend einen kurzen Überblick über den rechtlichen Rahmen, in dem seine Behörde tätig ist (z.B. europarechtliche Richtlinien, Seesicherheitsuntersuchungsgesetz, etc.).

Schließlich skizzierte er den Aufgabenbereich der BSU, der hauptsächlich die Untersuchung schwerer Seeunfälle (Unfälle mit Toten, Brand, Explosion, Grundberührungen mit schweren Folgen wie z.B. Umweltverschmutzungen und Totalverlusten) in deutschen Küstengewässern, aber auch schwere Seeunfälle mit deutschen Schiffen in internationalen Gewässern und entsprechende Vorfälle mit Todesfolgen von deutschen Staatsbürgern auf ausländischen Schiffen umfasst. Sachverhalte der Binnenschifffahrt oder im Zusammenhang mit Marineschiffen, letztere werden von der Bundeswehr übrigens selber untersucht, fallen nicht in sein Aufgabengebiet.

Seine Behörde analysiert demnach aus technischer Sicht den Seeunfall, versucht Missstände oder Defekte zu erkennen, erstellt einen Untersuchungsbericht und gibt eine Empfehlung, wie derartige Ereignisse zukünftig vermieden werden können. Herrn Schellhammer war es dabei wichtig herauszustellen, dass seine Behörde keine Schuldzuweisungen macht oder Haftungsfragen klärt, sondern ausschließlich eine technische Analyse zur zukunftsorientierten Gefahrenabwehr betreibt, die auch von 75% der betroffenen Schiffseigner angenommen und dann zukünftig in der eigenen Flotte umgesetzt wird. Herr Schellhammer präsentierte schließlich noch ein paar Statistiken, die aufzeigten dass es 2015 genau 268 Seeunfälle gab, wovon acht in die Kategorie "sehr schwer" und 16 in die Kategorie "schwer" fielen. Schließlich wurde das Auditorium noch über die personelle Zusammensetzung seiner Behörde informiert, die demnach aus 12 Mitarbeitern besteht (6 Untersucher, 4 Kapitäne, 1 Schiffbauer, 1 Juristin). In naher  Zukunft  soll der Mitarbeiterkreis noch um einen Fachmann für Schiffsmaschinen erweitert werden.

Ausklingen ließ Herr Schellhammer seinen Vortrag noch mit Fallbeispielen zu Vorfällen, die eine Tätigkeit seiner Behörde nach sich zog:

- MSC FLAMINIA, die Feuer fing und auf der in mitgeführten Containern nach einer außer Kontrolle geratenen Polymerisation Inhaltsstoffe explodiert sind, siehe https://de.wikipedia.org/wiki/MSC_Flaminia

- LISCO GLORIA, bei der ein nahe der Bordwand befindlicher LKW in Brand geriet, siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Lisco_Gloria. Da der Kapitän bereits 9 Minuten nach Brandausbruch das Schiff evakuieren ließ, gab es keine Toten.

- CONDOR (Fischkutter), der aufgrund eines Stabilitätsproblems umkippte und 2 Tote forderte, siehe http://www.ndr.de/nachrichten/schleswig-holstein/Warum-sank-der- Fischkutter-Condor,condor144.html

- NORMAN ATLANTIK, die in der südlichen Adria havarierte und mindestens elf Todesopfer zu beklagen hatte, siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Norman_Atlantic

- COSTA CONCORDIA, die im Rahmen einer ufernahen Fahrt von einem Unterwasserfelsen aufgerissen wurde, was zu vielen Todesfällen führte, nachdem der Wassereinbruch zu einem Maschinenausfall führte und durch ein nicht (mehr) funktionierendes Notstromaggregat nicht kompensiert werden konnte, siehe auch https://de.wikipedia.org/wiki/Costa_Concordia

Dabei wurde anhand der Fallbeispiele auch deutlich, welche einschneidenden Schwierigkeiten im Umgang mit ausländischen Behörden und Staatsanwaltschaften im Rahmen einer solchen Untersuchung in Kauf genommen werden mussten.

(Stephan Karraß)

Wasserschutzpolizei HH - damals und heute

Historiker und Polizeipräsident a.D. Wolfgang Kopitzsch / Foto: Stephan Karraß

Am 12. Januar 2017 hielt Wolfgang Kopitzsch, Historiker und Polizeipräsident a.D. bei der DGSM e.V. Regionalgruppe Hamburg einen Fachvortrag zum Thema Wasserschutzpolizei Hamburg - eine geschichtliche Betrachtung von 1900 bis 1950. Neben den Mitgliedern waren auch Gäste des Museumshafens Oevelgönne zugegen, die u.a. die ehemalige Polizeibarkasse Otto Lauffer unterhalten und dem Thema somit sehr zugewandt waren. Herr Kopitzsch begann seinen Vortrag mit einer allgemeinen Betrachtung der heutigen Polizei Hamburg, ihrer Organisationsstruktur und Personalzusammensetzung und leitete dann über zu einer Zustandsbeschreibung der Verhältnisse in Hamburg um 1900. So stand Hamburg zu diesem Zeitpunkt im Ranking der größten Städte der Welt auf Platz 13 (heute: Platz 138), hatte den größten Hafen des Kontinents und beschäftige ca. 20.000 Hafenarbeiter sowie 20.000 Werftarbeiter. Der Hafen war hochfrequentiert, musste sich somit aber auch mit diversen Kriminalitätsformen auseinander-setzen, so dass Hamburg eine gut aufgestellte Hafenpolizei unterhielt, die neben der Kriminalitätsbekämpfung auch den Schiffsverkehr zu überwachen hatte. 1896 wurde für die Hafenpolizei die erste Motorbarkasse (Dampf-maschine) angeschafft; die Leitung der in drei Distrikte unterteilten Behörde hatte ein Kapitän. Herr Kopitzsch zeigte anhand diverser Statistiken, dass die Hafenpolizei an Aufgaben und Personal stetig wuchs, im Jahr 1914 so z.B. bereits 212 Beamte umfasste, elf Dampfbarkassen unterhielt und Hamburg zu dieser Zeit bereits 1 Million Einwohner hatte. Er ging dann auf die größeren gesamtpolizeilichen und gesellschaftspolitischen Zusammenhänge im Rahmen der weiteren Entwicklung der Polizeibehörde in und vor den Kriegsjahren ein, zeigte Kasernierungen auf, verwies auf erhebliche personelle Aufstockungen und Strukturveränderungen in der Organisation und erläuterte schließlich die paramilitärische Bewaffnung von Einheiten innerhalb der Polizei vor dem Hintergrund der Machtübernahme. Herr Kopitzsch beleuchtete anschließend kurz die Reichswasserzuständigkeiten, zeigte die Beteiligung der Hafenpolizei und Gesamtpolizei bei der Niederschlagung von Aufständen in Hamburg auf und ging auch auf die 1937 einschlägige Aufgabenerweiterung der dann auch als solche bezeichneten Wasserschutzpolizei im Bereich der Unterelbe von Lauenburg bis zum hamburgischen Amt Ritzebüttel in Cuxhaven ein. Er zeigte die Folgen der Kriegsjahre (WK2) auf, in denen viele Beamte durch ehemalige Pensionäre ersetzt wurden, da erstere Dienst in die Marineküstenpolizei versehen mussten, einer Sicherungstruppe der deutschen Kriegsmarine zur Überwachung des Küstenvorfeldes, der Flussmündungen, Flüsse und schiffbaren Binnensee. Herr Kopitzsch riss noch kurz einige Eckpfeiler der Nachkriegsjahre an (z.B. die Kooperationen mit Niedersachsen und Schleswig-Holstein) und ließ seinen Vortrag in der Herausstellung einiger Persönlichkeiten (z.B. Bruno Georges) enden, die eine maritime Karriere nachweisen konnten und später hohe Polizeifunktionäre wurden.

 

Stephan Karraß
 

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